Clubabend 10. September 2019

Clubabend 10. September 2019

Empathisch und professionell – am Clubabend vom September 2019 gewährte Dr. Antje Rindlisbacher Einblick in die Arbeit einer Rechtsmedizinerin


Veröffentlicht: 17.09.2019

IM LETZTEN DIENST DER VERSTORBENEN – AUS DEM WIRKLICHEN ALLTAG EINER RECHTSMEDIZINERIN

Nein, sie ist nicht rechthaberisch wie Prof. Boerne («Tatort Münster»). Nein, sie lebt nicht auf einem Boot wie Dr. Quincy («Quincy, M.E.»). Und nein, sie ist auch nicht aufgedonnert wie Dr. Megan Hunt («Body of Proof»).

Dr. med. Antje Rindlisbacher eine lebhafte, sympathische, bodenständige, attraktive, junge Frau mit dem nicht alltäglichen Beruf «Rechtsmedizinerin». Entsprechend räumte die stellvertretende Leiterin der Abteilung Forensische Medizin und Bildgebung des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bern mit einigen Klichees auf, die uns TV, Kino und Netflix vermitteln.

Wider das Klichee

  • Ein Rechtsmediziner untersucht nicht nur tote Menschen (bei ausserordentlichen Todesfällen wie Unfall oder Suizid), sondern auch lebende (z.B. bei Sexualdelikten oder häuslicher Gewalt).
  • Der Todeszeitpunkt kann nicht exakt geschätzt werden. Er hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab und ist eine der schwierigsten Aufgaben des Rechtsmediziners. Eine realistische Schätzung hat immer ein Zeitfenster von mindestens drei Stunden.
  • Nicht nur die Pietät gegenüber den Toten und ihren Angehörigen gebietet adäquate Kleidung und Aufmachung, sondern auch Terrain, Schmutz oder die Gefahr von (Eigen-)Infektion. Denn: Die Begutachtung von Toten findet oft in abgelegenen Gebieten und an unwirtlichen Orten statt – in einem Stall etwa, in den Bergen an einem steilen Hang oder in der Wohnung eines «Messie».
  • Rechtsmedizin ist nicht nur Feld-, sondern v.a. Administrationsarbeit. So müssen nach den Untersuchungen Gutachten erstellt werden, die nicht nur für Laien verständlich sind, sondern auch vor Gericht standhalten. Das beansprucht viel Zeit.

Empathie und Professionalität

Spannend waren auch Antje Rindlisbachers Ausführungen zu den eigentlichen Untersuchungen am Leichenfundort.

  • Den Tod muss immer ein Arzt bescheinigen. Wenn er die Todesart für unklar oder unnatürlich erachtet, ruft er die Polizei. Erst sie zieht die Rechtsmedizin bei.
  • Eine Leiche und auch lebende Personen sollten so rasch als möglich untersucht werden. Für die DNA-Spurensicherung bleibt ein Zeitfenster von 72 Stunden.
  • Zur Inspektion vor Ort gehören die genaue Analyse der Umstände und der Umgebung, die Sicherung von Spuren (DNA, Fingerabdrücke) und die sogenannte «Legalinspektion», die eigentliche Untersuchung des toten Menschen.

Das zentrale Leitmotiv von Antje Rindlisbacher – auch für den täglichen Umgang mit dem Tod: Empathie und Professionalität.