Bericht Clubabend 19. Februar 2020

Bericht Clubabend 19. Februar 2020

Das Alter: verdrängt, verkannt – und doch allgegenwärtig


Veröffentlicht: 15.03.2020

Einerseits als soziale und medizinische Errungenschaft gerühmt, wird Alter und Altern andererseits als eine individuelle und gesellschaftliche Bedrohung empfunden. Was stimmt nun? Dr. Perrig-Chiello, emeritierte Professorin der Universität Bern mit Schwerpunkt «Entwicklungspsychologie der Lebensspanne», leitet die Seniorenuniversität Bern und beleuchtet das Thema aus unterschiedlichen Gesichtspunkten.

Ist das Alter eine gesellschaftliche Last, die die junge Generation zu tragen hat und die in vergangenen Zeiten und Kulturen durch die Greisentötung gelöst wurde? Oder tragen alte Menschen durch ökonomische Aktivitäten, Familien- und Freiwilligenarbeit zu einer funktionierenden Gesellschaft bei? In der Schweiz gibt es viel gelebte intergenerationelle Solidarität vor allem auf familialer Ebene, aber einen grossen Bedarf bezüglich Generationenbeziehungen auf gesellschaftlicher Ebene.

Das Paradox des Wohlbefindens im Alter

Mit zunehmendem Alter sind körperliche und kognitive Leistungseinbussen die Regel – trotzdem sinkt das subjektive Wohlbefinden nicht. Im Gegenteil: Nach einer Talsohle in den mittleren Jahren steigt das Wohlbefinden im Alter wieder an. Offenbar verfügen die Leute mit zunehmendem Alter über eine bessere Emotionskontrolle, entwickeln eigene Standards und passen ihre Ansprüche an.

«Wer ein Warum zum Leben hat, erträgt fast jedes Wie»

Dieses Zitat von Friedrich Nietzsche zeigt sich in den Lektionen 100‑Jähriger bestätigt. Derer Meinung nach sind alters-, geschlechts- und kulturunabhängig folgende Lebenseinstellungen für ein erfülltes Leben ausschlaggebend:
  • aktiv und neugierig sein
  • Ziele verfolgen und soziale Kontakte pflegen
  • sein Leben selbstverantwortlich leben
  • im Einklang mit sich, der eigenen Vergangenheit und seiner Umwelt sein – mit Kreativität und Humor!

Gemäss der Altersforschung bestimmen diese Faktoren die Lebenserwartung und Gesundheit zu 65 %.

Vision: mehr Alterslosigkeit wagen!

Das Alter sollten wir nicht als isolierte Lebensphase betrachten, sondern aus der Lebenslauf-Perspektive. Dann werden Bildung, Arbeit, Freizeit/Ruhestand nicht altersdifferenziert nacheinander durchlebt, sondern sind parallel und gleichwertig in den Lebenslauf integriert.